Die IV-Depots sind ein Modell der Nachhaltigkeit. Fachleute bereiten hier gebrauchte Hilfsmittel auf, um sie erneut in den Einsatz zu bringen. Dies schont die Ressourcen, spart Geld und stellt sicher, dass wertvolle Materialien eine zweite Chance erhalten. Ein Besuch im IV-Depot des Hilfsmittelzentrums in Ittigen gibt Einblicke.
Alle acht Hilfsmittelzentren der SAHB führen im Mandat des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) ein Hilfsmitteldepot, kurz IV-Depot. Diese IV-Depots sind eine gute Sache, denn hier erhalten nicht mehr gebrauchte Hilfsmittel ein neues Leben. Die Fachleute revidieren und reparieren sie und geben sie an eine nächste nutzende Person ab. Schweizweit warten ca. 4000 Hilfsmittel auf den Wiedereinsatz. Das Team in Ittigen gibt jährlich etwa 700 Hilfsmittel ab. Genauso viele Hilfsmittel kommen pro Jahr ins Depot zurück. Doch was genau passiert in einem IV-Depot? Ein Besuch im IV-Depot in Ittigen bringt Licht ins Dunkel. Ein Beispiel: Eine Person hat einen Rollstuhl, benötigt nun aber einen neuen. Die IV erteilt ihr eine Kostengutsprache und schickt ihr gleichzeitig einen Rückforderungsauftrag. In diesem steht, dass die Person den alten Rollstuhl im IV-Depot abgeben muss. Das Team der SAHB erhält dieses Schreiben auch und weiss dann, dass ein Rollstuhl zurückkommt. Für die Rückgabe gibt es verschiedene Möglichkeiten: Die Person bringt das Hilfsmittel in ein IV-Depot oder lässt es von der SAHB abholen. Oder sie bringt das Hilfsmittel in den Fachhandel, der dann mehrere gleichzeitig ins IV-Depot retourniert.
Rückgabe und erste Kontrolle
Im IV-Depot in Ittigen angekommen, kommt das Hilfsmittel zuerst ins Untergeschoss des Gebäudes. Dort sind die Anlieferung und die Halle, in der unterschiedlichste retournierte Rollstühle, Elektromobile, Pflegebetten und andere Hilfsmittel stehen. Manche Rollstühle sehen ziemlich mitgenommen aus. Kaum vorstellbar, dass diese wieder in Umlauf gehen. In der Halle unterziehen der Teamleiter Beratung und der Werkstattleiter die Hilfsmittel einer ersten Kontrolle. Sie entscheiden, welche Hilfsmittel sie komplett revidieren, von welchen sie noch Ersatzteile brauchen können und welche entsorgt und recycelt werden. Nach einem Ampelsystem mit Aufklebern kennzeichnen sie die Hilfsmittel. Grün bedeutet, das Hilfsmittel wird wieder eingesetzt, rot ist zum Entsorgen und blau kennzeichnet Hilfsmittel, die Ersatzteile liefern. Sind Hilfsmittel in der Schweiz nicht mehr zugelassen oder liefert der Fachhandel keine Ersatzteile mehr, ziehen einige, noch funktionstüchtige Hilfsmittel weiter nach Äthiopien und leisten dort gute Dienste (siehe Kasten). Generell gilt: Gibt das IV-Depot ältere Modelle gratis ab, unterschreiben die Abnehmer, dass sie keinen Profit daraus schlagen.
Zurück in die Halle. Die Fachleute führen über jedes Hilfsmittel exakt Buch und erfassen alle Details in ihrem System. So haben sie den Überblick und wissen, was sie alles im Depot lagern. Auf diese Datenbank haben alle IV-Depots Zugriff und können bei Bedarf ein Hilfsmittel an einem anderen Standort bestellen. Meistens sind dies Rollstühle. «Rollatoren und Pflegebetten verschieben wir nicht von einem Depot ins nächste, da es nicht wirtschaftlich ist», erklärt Alexandra Frey. Sie leitet das Hilfsmittelzentrum in Ittigen.
Clever gelagert und organisiert
Recyceln die Fachleute Hilfsmittel, schauen sie genau hin und demontieren Zubehör, das für Reparaturen und Revisionen nützlich sein könnte. Viele Hilfsmittel enthalten Aluminium und Elektronik. «Gerade Elektrorollstühle geben immer wertvolles Ersatzmaterial her», erläutert Alexandra Frey. Was übrig bleibt, trennt und entsorgt das Team fachgerecht. Hilfsmittel für den Wiedereinsatz sind im zweiten Stock des Hilfsmittelzentrums. Dort befinden sich die Werkstatt und die Lagerhallen. Letztere sind das Herzstück des IV-Depots. In den Hallen befinden sich reihenweise Regale mit unrevidierten
Hilfsmitteln. Hier gibt es alles: von Stehgestellen, Kindersitzen und Rampen über Kinderrollstühle, Elektro- und Handrollstühle bis hin zu Elektroantrieben, Treppensteiggeräten, Scootern und Pflegebetten. In Schränken befinden sich neue Sitzkissen und in Kisten das Ersatzmaterial. Alles ist nach Art und Grösse sortiert, beschriftet und mit System organisiert. Alexandra Frey nennt das IV-Depot einen Gemischtwarenhandel. Während sich der Fachhandel meist auf ausgewählte Hilfsmittel konzentriert, erhalten die IV-Depots die unterschiedlichsten Produkte.
Schnell verfügbar, ein Vorteil der IV-Depots
«Manche Hilfsmittel sind schnell weg, andere stehen lange hier», führt Alexandra Frey aus. Etwa, weil sie eine Grösse haben, die nur wenigen Personen passt, oder weil es ein spezielles Hilfsmittel ist. Wenn jemand ein Hilfsmittel benötigt, steht es innerhalb von zwei bis drei Tagen bereit. Zeit ist ein entscheidender Vorteil der IV-Depots gegenüber dem Fachhandel. «Dieser hat oft keine grossen Lager und bestellt die Hilfsmittel bei den Herstellern», so Alexandra Frey. Bei Lieferengpässen oder je nach Weltlage kann sich die Wartezeit um Monate hinauszögern. In den IV-Depots steht das Material bereit. Auch das Inselspital bezieht Hilfsmittel aus dem IV-Depot in Ittigen. «Wenn sie ein Pflegebett oder einen Rollstuhl für die Palliativpflege benötigen, muss es schnell gehen», erzählt Alexandra Frey.
Die Werkstatt verleiht neuen Glanz
Damit die Fachleute ein Hilfsmittel aufbereiten können, erhalten sie einen Werkstattantrag. Diesen erstellt die Person, die die Klientin oder den Klienten beraten hat. Der Werkstattantrag beschreibt genau, wie die Werkstattmitarbeitenden das Hilfsmittel anpassen müssen. Sie holen das entsprechende Hilfsmittel aus dem Lager, anschliessend lagern sie es in einer Art Wartezimmer zwischen, denn die Mitarbeitenden der Werkstatt arbeiten die Hilfsmittel nach Priorität ab. Oft geht ein Hilfsmittel vor der Revision unter die Dusche. Dazu hat das IV-Depot einen separaten Raum. Dieser ist mit einem Hochdruckreiniger, einer Waschmaschine, Entkalkungsmittel für Duschstühle sowie Reinigungs- und Desinfektionsmitteln ausgestattet. Die Mechaniker nehmen das Hilfsmittel auseinander, reinigen es gründlich und lassen es trocknen. Anschliessend bereiten sie es auf, ersetzen altes Material mit neuem, reparieren und passen es genau an die Person an, die es erhält. Es ist erstaunlich, welchen Wandel die Hilfsmittel durchlaufen. Denn nach getaner Arbeit sehen sie aus wie neu und warten darauf, abgeholt zu werden.
IV-Depots: ein Leistungsauftrag
Die IV-Depots bei der SAHB sorgen dafür, dass gebrauchte Hilfsmittel gewartet und wiederverwendet werden. So entsteht ein nachhaltiger Kreislauf, der Ressourcen schont und der IV Kosten einspart.
Die SAHB bewirtschaftet das Hilfsmitteldepot der Invalidenversicherung (IV-Depot) im Auftrag des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV). In den Depots stehen verschiedenste Hilfsmittel zum Wiedereinsatz bereit. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen? Früher war es so: Die IV bezog Hilfsmittel über den Fachhandel. Nicht mehr gebrauchte Hilfsmittel gingen je nach kantonaler Regelung an unterschiedliche Stellen zurück. Ein teures und ökologisch wenig sinnvolles Unterfangen für die IV, denn sie kaufte immer neue Hilfsmittel. Deshalb machte sich die IV im Jahr 1988 auf die Suche nach einer unabhängigen Organisation, um die Idee der IV-Depots zu verwirklichen. Eine zentrale Stelle sollte die Hilfsmittel verwalten, warten und zum Wiederverwenden aufbereiten. Die IV wurde bei der SAHB fündig, da diese nur beratend tätig ist und selbst nicht als Fachhändlerin fungiert.
Ein nachhaltiger Kreislauf
Noch heute bezieht die IV die Hilfsmittel im Fachhandel und gibt diese leihweise an Personen ab, die sie benötigen. Ein Kind im Wachstum oder eine Person mit fortschreitender Erkrankung benötigt rasch ein anderes Hilfsmittel. Der Unterschied zu früher ist: Heute gehen die gebrauchten Hilfsmittel in eines der IV-Depots bei der SAHB. Die Fachleute revidieren sie und geben sie an die nächste Person ab. Ein nachhaltiger und ressourcenschonender Kreislauf. «Natürlich ist es auch wichtig, dass der Fachhandel neue Hilfsmittel abgibt, sonst sind die IV-Depots eines Tages leer», erklärt Alexandra Frey. Wie erhält jemand ein Hilfsmittel aus dem IV-Depot? Es gibt verschiedene Wege. Ein Beispielszenario: Eine Person, die einen neuen Rollstuhl benötigt, wendet sich an den Fachhandel. Dieser erörtert mit ihr, welches Modell und welche Anpassungen sie braucht. Statt den Rollstuhl direkt zu verkaufen und der IV zu verrechnen, muss der Fachhandel erst beim IV-Depot abklären, ob dort ein passendes Modell vorhanden ist. Wenn ja, erhält die Person das Hilfsmittel aus dem IV-Depot, wenn nicht, vom Fachhandel. Viele Klientinnen und Klienten der SAHB kennen das IV-Depot inzwischen seit Jahren und kontaktieren im Bedarfsfall die Fachleute auch direkt. Fallen bei einem Hilfsmittel aus dem IV-Depot Reparaturen oder Revisionen an, können sich Nutzende jederzeit an die Werkstatt des IV-Depots wenden.
Ohne Profit
Das IV-Depot erhält für jedes Hilfsmittel einen Pauschalbetrag von der IV. Dieser deckt Material, Wartung und Löhne der Mitarbeitenden. Der erwirtschaftete Überschuss aus den IV-Depots fliesst Ende Jahr ans BSV zurück. Die SAHB erzielt keinen Gewinn aus der Bewirtschaftung des IV- Depots.
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