Schwellen, zu eng, zu schwer, zu wenig Platz: Für Rollstuhlfahrende, Gehbehinderte oder ältere Menschen sind Türen ein Hindernis. Doch es gibt Lösungen – von einfachen, wie Zuziehkordeln, über elektrische Türen bis hin zu Umbauten.
Ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Bereich: Türen gibt es überall. Für Menschen mit körperlichen Einschränkungen sind sie jedoch oftmals ein Hindernis. Betroffen sind Rollstuhlfahrende sowie Personen mit eingeschränkter Gehfähigkeit, zum Beispiel wenn sie mit einem Rollator unterwegs sind. Das selbstständige Öffnen von Türen entscheidet oft darüber, ob körperlich eingeschränkte Personen selbstbestimmt ein Gebäude oder einen Raum betreten können oder ob sie ausgeschlossen werden.
Barrierefreie Türen: Norm und Herausforderungen
Die Schweizer Norm für hindernisfreie Bauten regelt die Anforderungen an Türen für öffentliche Bauten, Wohnbauten und Bauten mit Arbeitsplätzen. Sie gilt für Neubauten, umfassende Sanierungen und Umnutzungen. In vielen neuen Liegenschaften sind Türen breit genug, um sie mit einem Rollstuhl zu passieren, und sie weisen keine Schwellen auf. Es gibt jedoch nach wie vor viele ältere Bauten, bei denen diese Norm bis jetzt nicht angewendet wird, da Häuser noch nicht renoviert sind. In vielen Bereichen, etwa in öffentlichen Gebäuden, Restaurants oder Arztpraxen, können Betroffene nur auf die Hindernisse hinweisen. Im persönlichen Umfeld oder am Arbeitsplatz ist ihr Einfluss größer.
Wenn Türen zum Hindernis werden
Manchmal reicht einer körperlich eingeschränkten Person die Kraft oder die Motorik der oberen Extremitäten nicht aus, um den Schlüssel zu drehen oder die Türfalle zu drücken. Hauseingangstüren sind oft sehr schwer oder haben einen automatischen Türschließer. Dessen Kraft drückt gegen das Öffnen der Tür, weshalb eine körperlich eingeschränkte Person diese nicht öffnen kann. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Person mit einem Rollator, einem manuellen Rollstuhl, einem Elektrorollstuhl oder einem Rollstuhl mit Zuggerät die Tür benutzen muss. Die Kraft der Tür kann eine Person mit Rollator aus dem Gleichgewicht bringen, wodurch die Gefahr eines Sturzes besteht. Mit einem Rollstuhl ist es schwierig, mit einer Hand den Schlüssel im Schloss zu drehen, gleichzeitig die Tür aufzuziehen und dabei den Rollstuhl zurückzufahren. Hat es vor der Tür noch eine Steigung, so ist es fast unmöglich. Für halbseitig gelähmte Personen ist es komplett unmöglich, mit nur einer Hand die Tür zu öffnen und gleichzeitig den Rollstuhl zu fahren. Das Öffnen einer Tür mit einem Rollstuhl mit Zuggerät ist meistens nicht machbar, da wegen des Zuggerätes die Distanz zur Türfalle zu groß ist. Für Rollstuhlfahrende ist die Freifläche neben einer Tür entscheidend. Diese Fläche ist wichtig, um mit dem Rollstuhl zu manövrieren. Bei engen Korridoren, wie bei einem Zugang in eine Tiefgarage, ist sie oft nicht gegeben. Doch es gibt Lösungen, um Türen rollstuhlgängig abzuändern.
Bei Türanpassungen beachten
Wie die Tür angepasst werden muss, hängt davon ab, ob eine Person die Tür selbstständig benutzt oder ob immer eine Hilfsperson dabei ist. Für Personen, die selbstständig mit dem Rollstuhl unterwegs sind, ist es wichtig, dass sie die Türen ohne fremde Hilfe öffnen können. Dabei ist es entscheidend, wie stark die körperliche Einschränkung ist. Eine umfassende Abklärung gibt Aufschluss darüber, wie die Türen im Einzelfall anzupassen sind. Solche Abklärungen können Betroffene von sich aus initiieren, zum Beispiel mit Unterstützung der SAHB, von Architekt/innen oder von Fachpersonen für Türautomationen. Steht der Entscheid, offeriert Letztere die passende Lösung.
Für das Anpassen von Türen braucht es meist keine Baubewilligung. Ausnahmen bilden Außentüren, die die Fassade verändern. Das Bauamt der zuständigen Gemeinde gibt Interessierten Auskunft. Bei einem Mietobjekt muss die Vermieterschaft einwilligen. In der eigenen Liegenschaft ist in der Regel keine Bewilligung notwendig, auch hier mit einer Ausnahme: Türanpassungen im öffentlichen Bereich eines Mehrfamilienhauses mit Eigentumswohnungen. Hier müssen die Miteigentümer/innen zustimmen. Bei Anpassungen am Arbeitsplatz ist die Zustimmung des Arbeitgebers notwendig. Dabei ist es wichtig, ob die Liegenschaft dem Arbeitgeber gehört oder ob die Firma eingemietet ist. Ein Beispiel: Ist ein Unternehmen in einem Bürogebäude eingemietet, muss die Eigentümerschaft mit der Türanpassung einverstanden sein, insbesondere, wenn es auch wie beim Hauseingang andere Mietparteien betrifft.
Türschwellen
Vor allem in Altbauten haben Türen – oft mehrere Zentimeter hohe – Schwellen. Solche gibt es auch bei Zugängen in den Keller oder in Tiefgaragen. Schwellen sind für Gehbehinderte eine Stolperfalle und für einige Rollstuhlfahrende ein großes Hindernis. Eine kleine Schwelle von 25 mm ist für aktive Rollstuhlfahrende leicht zu überfahren. Für Personen mit Einschränkungen in den oberen Extremitäten ist sie unüberwindbar. Ein Elektrorollstuhl schafft größere Schwellen von etwa 4 bis 5 cm. Dabei entstehen jedoch Erschütterungen, die einige Rollstuhlfahrende schlecht ertragen. Für das Anpassen von Türschwellen gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Türbreiten
In neueren Liegenschaften sind die Haus-, die Wohnungs- und die Badezimmertüren für die Durchfahrt mit einem Rollstuhl meistens breit genug. Dasselbe gilt für die Türen zu öffentlichen Gebäuden. Es gibt aber noch viele alte Liegenschaften mit schmalen Türen. Oft sind die Türen in Innenräumen mit einer Breite von 60 bis 70 cm für einen Rollstuhl oder einen Rollator zu schmal. Damit sich Rollstuhlfahrende beim Durchfahren nicht die Finger verletzen, ist die Tür optimalerweise 10 cm breiter als die Gesamtbreite des Rollstuhls. In Liegenschaften, die nach der Norm für hindernisfreie Bauten erstellt wurden, sind die Türen mindestens 80 cm breit.
Ist genug Platz vorhanden, lassen sich schmale Türen verbreitern. Das ist je nach Bauart der Tür mehr oder weniger aufwendig. Holzzargen sind einfacher zu entfernen als Metallzargen. Auch macht es einen Unterschied, ob es sich um eine Backsteinmauer oder eine Betonmauer handelt. Bei Leichtbauwänden ist es relativ einfach, eine Tür zu verbreitern. Handelt es sich hingegen um eine tragende Wand, so sind teilweise auch statische Maßnahmen notwendig, und es muss ein neuer Türsturz eingebaut werden. An Türverbreiterungen arbeiten meistens Maurer/innen für die Spitzarbeiten, Schreiner/innen für eine neue Tür und Maler/innen für das Ausbessern des Verputzes oder der Tapete. Muss der Lichtschalter versetzt werden, sind auch Elektriker/innen erforderlich.
Bei einer Türverbreiterung braucht es immer eine neue Tür. Es macht Sinn, abzuwägen, ob eine Flügeltür oder eine Schiebetür besser ist. Dabei ist zu beachten, dass Schiebetüren weniger gut dichten als Flügeltüren. Sind die Verhältnisse zu eng oder die Architektur der Wohnung lässt keine Verbreiterung zu, ist eventuell eine zusätzliche Tür die Lösung.
Tür öffnet auf die falsche Seite
Viele Türen öffnen sich in den Raum. Ist dieser Raum sehr klein, können Rollstuhlfahrende die Tür von innen oft nicht schließen. Im Badezimmer kommt es zusätzlich häufig vor, dass die Tür die Einfahrt in die Dusche behindert. Mögliche Lösungen für dieses Problem sind der Einbau einer Schiebetür oder einer Tür, die sich nach außen öffnen lässt.
Zuziehgriffe oder Zuziehkordel
Haus- oder Zimmertüren haben meist keinen Türschließer, sodass Rollstuhlfahrende sie in der Regel von Hand öffnen und in den Raum gelangen können. Allerdings sieht es beim Schließen der Tür anders aus: Nach dem Durchfahren haben sie die Türfalle im Rücken. Deshalb müssen sie den Rollstuhl um 180 Grad drehen und bis zur Türfalle zurückfahren. Dieses Problem lässt sich durch das Anbringen eines Zuziehgriffes oder einer Zuziehkordel lösen. Rollstuhlfahrende nehmen dabei den Zuziehgriff oder die Zuziehkordel beim Durchfahren in die Hand und ziehen die Tür zu, ohne sich umdrehen zu müssen.
Türantriebe
Elektrische Türantriebe sind oben an der Tür (Bild 8) oder an der Wand montierte Motoren, die die Türen über ein Gestänge öffnen und schliessen. Türantriebe lassen sich in unterschiedlichen Ausführungen installieren. Bei der Montageart «Servo» aktiviert die nutzende Person den Türantrieb über einen Funksender oder einen Wandtaster, und die Tür öffnet sich. Nach der Durchfahrt schliesst sie sich automatisch. Andere Bewohner/innen der Liegenschaft können die Tür weiterhin von Hand öffnen. Es gibt aber auch Montagearten, bei denen die Tür für alle Bewohner/innen der Liegenschaft elektrisch öffnet und schliesst. Welche Installationsart die richtige ist, entscheidet im Einzelfall eine Fachperson für Türantriebe und Schliesssysteme in Absprache mit den Miteigentümer/innen oder Hausbesitzer/innen.
Türantriebe lassen sich individuell programmieren. Meistens sind sie so eingestellt, dass sie sofort stoppen, wenn sie beim Öffnen oder beim Schliessen auf ein Hindernis stossen. Die Kräfte dabei sind sehr klein und in einer Norm geregelt. Eine Person ohne körperliche Einschränkungen wird beim Anstossen weder verletzt noch umgestossen. Es ist jedoch möglich, dass gehbehinderte Personen oder ältere Menschen, die unsicher auf den Beinen sind, durch die Berührung der Tür irritiert werden und ins Wanken geraten. Das lässt sich durch eine Laserabsicherung mit einem Flatscann vermeiden. Der Laser überwacht den Öffnungsbereich und stoppt die Tür, bevor sie das Hindernis oder eine Person berührt.
Eine Fachperson muss die Installation eines Türantriebs für jede Tür individuell abklären und die gesetzlichen Vorgaben betreffend Brandschutz und Fluchtwege beachten. Sie erstellt ein Sicherheitskonzept und entscheidet zum Beispiel, ob es eine Laserüberwachung braucht. Zudem ist es wichtig, abzuklären, ob eine Person den Schlüssel wegen ihrer Einschränkung noch drehen kann. Wenn nicht, schafft ein Motorschloss Abhilfe.
An Arbeitsplätzen sind Türen oft mit einem Zutrittssystem mit Badge ausgestattet und in ein Alarmsystem eingebunden. Die Fachperson bindet den elektrischen Türantrieb in das vorhandene System ein und verantwortet das Einhalten der geltenden Normen und garantiert die einwandfreie Funktion.
Balkon- und Terrassentüren
Bei Balkon- und Terrassentüren (Bild 9) bestehen die gleichen Hindernisse wie bei anderen Türen. Da solche Türen aber sehr unterschiedlich gebaut sind, braucht es jeweils eine individuelle Lösung.
Finanzierung und Unterstützung
Menschen im IV-Alter können Anpassungen von Türen bei der IV beantragen. In der Regel übernimmt die IV die Türanpassungen gemäss dem Kreisschreiben über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI). Auch bei der Pro Infirmis können Interessierte mit finanziellen Problemen anfragen.
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